Archive for the 'politics' Category

Leistungsbilanzen im Vergleich

Montag, September 11th, 2006

Einen interessanten Blick auf die Welt mit umfangreichen Datenmaterial bietet das CIA World Factbook. Natürlich hat dieses einen kleinen Bias, aber der soll uns jetzt hier nicht stören. Es lassen sich Nationalstaaten schön tabellarisch vergleichen. Heute bin ich über die Leistungsbilanzen gestolpert. Für alle Nicht-Ökonomen noch schnell die Erklärung was das eigentlich ist:

Die Leistungsbilanz ist Teil der Zahlungsbilanz eines Staates. Sie umfasst die

  • Handelsbilanz mit den exportierten und importierten Waren
  • Dienstleistungsbilanz mit den Dienstleistungen aus Reiseverkehr, Transport- und Versicherungsleistungen und Kapitalerträgen
  • Übertragungsbilanz mit den geleisteten und empfangenen privaten und öffentlichen Übertragungen (also Überweisungen) von ausländischen Arbeitnehmern in ihre Heimatländer, den Beiträgen an internationale Organisationen und die Entwicklungshilfe

In der Leistungsbilanz werden also internationale Güterströme ebenso verbucht wie Übertragungen zwischen In- und Ausland. Der Saldo der Leistungsbilanz stellt eine wichtige ökonomische Größe dar.

(Aus der Wikipedia)

Ich habe mal die ersten und letzten vier Tabelleneinträge kopiert:

Rank
Country
Current account balance
Date of Information
1
Japan $ 165,600,000,000 2005 est.
2
China $ 160,800,000,000 2005 est.
3
Germany $ 115,500,000,000 2005 est.
4
Saudi Arabia $ 90,730,000,000 2005 est.
147
Australia $ -42,090,000,000 2005 est.
148
United Kingdom $ -57,610,000,000 2005 est.
149
Spain $ -83,140,000,000 2005 est.
150
United States $ -829,100,000,000 2005 est.

Konkret heisst das, dass Länder mit einer positiven Leistungsbilanz können positiv gesehen einen Vermögenszuwachs konstatieren, andererseits bedeutet es die Abwanderung von Kapital. Beide Aspekte treten in der Debatte um den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder auf. Letzterer unter dem Stichwort „Kapitalflucht“ (aka schlechter Unternehmensstandort), Ersterer wenn Politiker Deutschland als „Exportweltmeister“ feiern.
Für Länder mit negativer Leistungsbilanz, also einem Leistungsbilanzdefizit, drehen sich die Vorzeichen: das Kapital fliesst herein, allerdings wird das Vermögen geringer, da weniger exportiert als importiert wird. Man lebt auf „Pump“.

Zur Zeit sehen wir also ein sich massiv verschuldendes US Amerika, welches vor allem von China und Japan, aber auch Deutschland Geld borgt ( = China und Japan horten Dollar). Die Folge ist, dass wenn diese Länder irgendwann einmal aufhören Amerikanisches Geld „zu kaufen“, es zu einem extremen Kursverfall des US-Dollars kommt. Die Auswirkungen der daraus erwachsenden Krise des gesamten Weltfinanzsystems – und die Chancen der Erneuerung, sind allerorten Anlass zu wilden Spekulationen, an denen ich mich an anderer Stelle gern beteiligen will.

Link: CIA – The World Factbook — Rank Order – Current account balance

Datenüberlegenheit, Informationsüberlegenheit, Führungsüberlegenheit, Wirkungsüberlegenheit

Montag, Mai 15th, 2006

Die Bundeswehr will ihre Kommunikations- und Kommandostrukturen umbauen. Dabei sollen aus hierarchisch organisierten Befehlsempfängern „sich selbst synchronisierende Einheiten werden,die sich, von einem überlegenen Datennetzwerk gefüttert, selbst beauftragen“. Auweia.. das Ende der überlegenen bürokratischen Herrschaft wie sie Max Weber beschreibt. Von oben komt demnach nur noch „die Absicht der Führung“, den Rest managen „autonome, selbstorganisierende und sich selbst synchronisierende Kampfeinheiten“.
Ich bin ja auch schon heute nicht der Meinung, dass sich eine Gesellschaft, die sich Demokratie mit einer so unberechenbaren Institution wie dem Militär ausstatten sollte. Aber zumindest verspricht die aktuelle Struktur in der Theorie noch eine gewisse Kontrolle (Individuen -> Vertreter -> Regierung -> Oberbefehlshaber -> Unterbefehlshaber -> Soldat). Das neue Modell lehnt sich eher die Struktur des Nachrichtendienstes an („So, hier das ist euer Ziel, daran haltet Euch bitte, aber jetzt macht was ihr wollt, wir können Euch leider nicht kontrollieren, denn das gefährdet ja die Effizienz Eurer Arbeit“).
Bis 2010 soll die ganze Sache stehen, und die Bundeswehr dann endlich auch organisatorisch up-to-date sein. Hoffentlich verfallen die jetzt schon autonome, selbstorganisierende und sich selbst synchronisierende Kampfeinheiten des internationalen Terrorismus bis dahin nicht auf eine noch „fortschrittlichere“ Methode der Organisation.
Ich könnte jetzt noch etwas über den instrumentellen versus dem institutionellen Organisationsbegriff schwadronieren – aber das heb ich mir auf fürs Seminar.
Zum Schluss nur noch ein schönes Zitat, zu dem uns dank der Chatham House Rule leider der Autor fehlt. Von diesem wissen wir allerdings dass er wohl am Sicherheitspolitischen Symposium“ der Reserveoffizierskameradschaft Zifkras teilgenommen hat, und das ist schon mehr als die Regel versprach.

„Aus der Datenüberlegenheit entsteht die Informationsüberlegenheit, daraus die Führungsüberlegenheit und schließlich die Wirkungsüberlegenheit“

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